Erster zugelassener grüner Wasserstoff Deutschlands kommt von oberfränkischer Firma

02. April 2024 , 09:01 Uhr

Der erste zugelassene grüner Wasserstoff Deutschlands kommt von einer oberfränkischen Firma. Die Hofer Firma BtX energy hat jetzt das erste Zertifikat für grünen Wasserstoff erhalten. Der wird CO₂-negativ aus Gülle und Mist gewonnen. Die Anlage der Hofer Firma steht aktuell auf einem landwirtschaftlichen Hof in Krefeld. Erst Mitte März hatte es im Bundestag einen Beschluss zur nationalen Umsetzung zu biogenem Wasserstoff gegeben, jetzt legt die oberfränkische Firma vor. Die Abfüllstation muss noch vom TÜV abgenommen werden, dann gehen die ersten Lieferungen an den Markt. Abnehmer sind Gashändler und Tankstellenbetreiber.

Die Informationen der Hersteller:

Der Traum vom grünen Wasserstoff für die Energiewende in Deutschland läuft schleppend – seit dem 14. März sind aber zumindest die Regeln gesetzlich definiert. Für Elektrolyseanlagen muss das Zertifizierungssystem für den Treibstoffhandel allerdings erst noch geschaffen werden. Biogener Wasserstoff hat das Regelwerk von Biomethan übernommen und kann schon heute zugelassen werden – so geschehen, gerade mal 4 Tage nach dem Beschluss, auf dem Lefkeshof der Familie Schleupen in Krefeld. Das transparente Gold der Energiewende hat dabei keine Nullemission, sondern ist sogar CO2-negativ.
Im Mai 2021 fanden im Bundestag hitzige Debatten über die Zulassung von grünem Wasserstoff aus biogenen Reststoffen wie Gülle, Mist, Klärschlamm oder Bioabfall statt. Die frisch gegründete BtX energy GmbH aus Hof hatte damals intensiv mitdiskutiert und die Abgeordneten der großen Koalition überzeugen können, dass der Weg mit den richtigen Regeln geebnet werden sollte. Mit angepackt haben damals die befreundeten Unternehmen blueFLUX, Sypox Arcanum und der Fachverband Biogas – eine überschaubare, jedoch erfolgreiche Runde. Der Änderungsantrag wurde akzeptiert.

Über zwei Jahre Bearbeitungszeit für die Regeln für grünen Wasserstoff

Das zuständige Referat im Bundesumweltministerium hatte dann den Auftrag, die Regelungen zusammen mit denen für Elektrolysewasserstoff und E-Fuels in der neuen 37. Bundesimissionsschutzverordnung zu gestalten – mit großen Hürden. Zunächst musste gewartet werden, welches Regelwerk die EU vorlegt – der berühmte „delegierte Rechtsakt“ zu RFNBO’s (Erneuerbare Treibstoffe aus nicht-biogenen Quellen) hat diese erst im Frühjahr 2023 gelegt. Ein weiteres Jahr hat es dann gedauert, bis der Beschluss zur nationalen Umsetzung in der Verordnung geschehen ist. Hier wurde nun auch definiert, das biogener Wasserstoff aus den richtigen Einsatzstoffen eine doppelte Anrechnung der CO2-Bilanz erhält.

Komplizierte Anforderungen für Elektrolysewasserstoff – Vorteil für die Bioenergie

Zusätzlichkeit, Gebotszonen, Gleichzeitigkeit – Begriffe, die der Laie nicht verstehen kann, der Elektrolysebetrieb aber einhalten muss. Umso schwieriger ist es nun, den großen Hochlauftraum der Regierung mit Elektrolyseuren zu erfüllen. Viel einfacher hat es hier die Biobranche – Verwertet werden darf, was nicht stofflich verarbeitet oder verfüttert werden kann. Gülle, Mist, Bioabfall, Restholz aus Forstwirtschaft und Industrie sind jetzt folglich die attraktiven Stoffe, die auf dem CO2-Markt der Treibstoffindustrie finanzielle Vorteile genießen.

Grün, orange oder einfach transparent?

Die Farblehre für Wasserstoff ist eines der meist diskutiertesten und verwirrendsten Themen der Wasserstoffszene. Grau, blau, grün, türkis, gelb, usw. ist dabei jedoch Auslegungssache – während in der Gesetzgebung unterschiedlichste Bezeichnungen kursieren, heißt er bei anerkannten Zertifizierungsstellen wie dem TÜV seit Jahren grün. Am Ende spielt es jedoch keine Rolle, wer sich welchen Farbcode ausgedacht hat:
„Wasserstoff hat keine Farbe, er hat nur einen CO2-Fußabdruck und nur dieser zählt für unseren Planeten“, so BtX-Geschäftsführer Andy Gradel. Seine kleine Belegschaft von nur 3 festen Mitarbeiter:innen hat innerhalb der letzten Jahre die gesetzliche Grundlage mitgestaltet, die Anlagentechnik aufgebaut und innerhalb von 4 Tagen nach dem Beschluss das REDcert-EU Audit erfolgreich abgeschlossen. Das REDcert-EU System ist eines der führenden Zertifizierungssysteme für nachhaltige Biomasse, Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe in Deutschland und ein effizienter Partner für BtX. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) hat nach dem im Herbst von BtX gestellten Antrag den Geltungsbereich „biogener Wasserstoff“ erst vier Wochen vor dem Audit freigegeben und nur 14 Tage später war er im REDcert-EU System verfügbar. Die Umsetzung lässt sich das Unternehmen BtX nicht entgehen.
„Ich wollte vor allem die Umsetzung des REDcert-EU Audits live erleben, aber auch die beeindruckende Anlage und die Menschen hinter dem innovativen Projekt kennenlernen.“, sagt Philip Blömeke von der REDcert GmbH. Abgenommen wurde der erste für den Quotenhandel zugelassene grüne Wasserstoff der Republik von Carmen Jeddeloh, Geschäftsführerin, Umweltgutachterin und Auditorin der Normec Zertifizierung Umweltgutachter GmbH.

Neue Märkte für den Landwirtschaftlichen Betrieb

Das Ganze fand und findet am Hof der Familie Schleupen statt, ein in 6. Generation geführter Familienbetrieb mit Milchviehhaltung. Die Biogasanlage wurde 2001 in Betrieb genommen und lief demnach 2021 aus der EEG-Vergütung, direkt im Folgejahr wurde dank einer Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Projekt „BioH2Ref“ der Reformer installiert. Nun geht es auf zu neuen Wegen, die die einstige Wirtschaftlichkeit der Anlage überbieten sollen.
„Wir überlegten uns natürlich wie alle Betreiber, ob es mit Strom oder Biomethan weitergehen kann oder ob wir stilllegen müssen. Nun produzieren wir Wasserstoff und bekommen Anfragen von Flottenbetreibern, Stadtwerken und Gashändlern.“,
so Bernd Schleupen, Inhaber und Betreiber von Hof und Biogasanlage.

So schnell wie möglich in den Markt mit negativer CO2-Bilanz

Die nächsten Schritte liegen auf der Hand – Die Abfüllstation muss noch vom TÜV abgenommen werden, dann gehen die ersten Lieferungen an den Markt. Abnehmer sind Gashändler und Tankstellenbetreiber, die zusammen mit der BtX auf den Tag der Abnahme in den kommenden Monaten fiebern. Der Stoff ist besonders gefragt – er hat gegenüber der Elektrolyse erhebliche Vorteile für einen schnellen und wirtschaftlichen Einsatz. Durch die Vermeidung von CH4-Emissionen der Gülle bei der Verwendung als Dünger erhält der Treibstoff wie Biomethan negative CO2-Werte. Das bringt durch den jetzt zugelassenen Treibhausgas-Quotenhandel einen ansehnlichen Wirtschaftlichkeits-Boost.
„Ich bin froh, dass wir eine weitere wichtige regulatorische Hürde genommen haben. Das freut die Umwelt – und ich freue mich schon aufs Anzapfen“
sagt Projektleiter Leon Müller-Noell, während er die letzten Arbeiten an der Wasserstofftankstelle erledigt. Gerade einmal 20 Meter von der Kuh entfernt, die den Rohstoff liefert.

Foto oben: v.l.n.r.: Andy Gradel, Andreas Molle, Leon-Müller-Noell, Lena Gretsch (BtX energy), Bernd Schleupen (Lefkeshof), Philip Blömeke (REDcert), Carmen Jeddeloh (Normec) vor dem Biogasreformer, der auf dem Lefkeshof bis zu 100 kg reinen Wasserstoff aus Gülle und Mist produziert.

red

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