Die Amigo-Affäre in der Bayreuther CSU: Sonntag war eine Krisensitzung der Stadtratsfraktion. Die CSU hat Ex-Oberbürgermeister Michael Hohl und Christian Wedlich kräftig abgewatscht und ihnen nahe gelegt Konsequenzen zu ziehen: heißt Ämter abzugeben und bei der Stadtratswahl im März nicht mehr zu kandidieren.
Hohl spricht jetzt im Mainwelle-Interview von einem juristischen Missverständnis. Er sagt, er habe die Angelegenheit juristisch geprüft und bei der Abstimmung ein reines Gewissen gehabt. Er versteht aber die Kritik und sagt:
…dass wir in dieser frühen Phase in dem insgesamt circa ein Jahr lang dauernden Prozess transparent die Fraktionen hätten informieren sollen. Das ist unterblieben und dafür bitten wir um Entschuldigung.
Er will seine politischen Führungsämter abgeben. Ob er bei der nächsten Stadtratswahl wieder antritt, lässt er aber offen.
Das gesamte Statement:
Es ist Christian Wedlich und mir wichtig zu betonen, dass wir durch unser Tun in dieser Sache keinerlei wirtschaftlichen Vorteil hatten und haben. Ziel unserer Aktivität war es dazu beizutragen, dass in Bayreuth dringend benötigter Wohnraum entstehen kann. Um den Bebauungsplan für das Wohngebiet in Gang zu setzen, ist ein Aufstellungsbeschluss notwendig. Mit dem ist noch keinerlei Baurecht oder keine Vorentscheidung getroffen. Im Vorfeld der Abstimmung habe ich geprüft, ob wir stimmberechtigt sind und habe dazu die Kommentarliteratur und Urteile herangezogen, auch ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Aufgrund dieser Prüfung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir stimmberechtigt sind und haben dann auch mitgestimmt. Am Ende waren es ja drei Stimmen Mehrheit. Wir waren nur zwei Leute, also kam es am Ende auf unsere Stimme gar nicht an. Aber, dass wir in dieser frühen Phase in dem insgesamt circa ein Jahr lang dauernden Prozess transparent die Fraktionen hätten informieren sollen, das ist unterblieben und dafür bitten wir um Entschuldigung. Wir übernehmen dafür die Verantwortung. Ich habe in Abstimmung mit der Fraktion bereits die Konsequenz gezogen, dass ich den stellvertretenden Fraktionsvorsitz zurückgebe. Ich werde auch den Vorsitz im Rechnungsprüfungsausschuss zur Verfügung stellen. Natürlich werden wir uns weiterhin leidenschaftlich für unser Bayreuth engagieren. Jetzt erstmal vielen Dank.
Gemeinsame Erklärung Hohl & Wedlich:
Die Geschehnisse der letzten Tage rund um das Bebauungsplanverfahren Wolfsbach Hirschbaumstraße veranlassen uns zu dieser Stellungnahme.
Folgendes vorab:
1. Wir hatte und habe keinerlei wirtschaftlichen Vorteil durch unser Engagement in dieser Sache.
2. Ziel unseres Tuns war es, dazu beizutragen, dass in Bayreuth dringend benötigter Wohnraum für Familien entstehen kann.
3. Dass wir unser Engagement nicht vor dem Stadtratsbeschluss explizit kommuniziert haben, war ein Fehler. Dafür entschuldigen wir uns aufrichtig und ausdrücklich. Wir übernehmen hierfür die Verantwortung und haben bereits die entsprechende Konsequenzen gezogen.
4. Zu der von Michael Hohl im Vorfeld durchgeführten juristischen Prüfung dürfen wir erläutern, dass wir aufgrund von Kommentarstellen und Urteilen zu ähnlich gelagerten Fällen (u.a. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs) zu der Einschätzung gekommen sind, dass wir bei dem Aufstellungsbeschluss im Stadtrat stimmberechtigt waren.
5. Unser Vorgehen war gegenüber der Verwaltung stets transparent. Wir hätten auch gegenüber dem Stadtrat transparent handeln sollen.
Wir hoffen, dass wir mit dieser persönlichen Erklärung einen Beitrag zur besseren Einordnung des Vorgangs leisten können.
In der Stadtratssitzung vom 23.07. haben wir für die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens zur Arrondierung des Wohngebietes Wolfsbach Hirschbaumstraße gestimmt. Wir haben in dieser Sache den Eigentümer unterstützt und sind für ihn offen beim Stadtplanungsamt aufgetreten. Wichtig ist: Irgendwelche Rechte an der Fläche, um die es geht, hatten und haben wir nicht.
Mit dem Bebauungsplanverfahren soll ein neues Wohngebiet mit Einfamilien- und Doppelhäusern entwickelt werden, das dringend benötigen Wohnraum für junge Familien und Mehrgenerationen-Wohnen schafft. Die dafür benötigte Fläche ist im geltenden Flächennutzungsplan der Stadt Bayreuth jetzt schon als Wohnfläche vorgesehen. Die Warteliste der Stadt für Wohngrundstücke enthält mehrere hundert Anfragen. Das Bebauungsplanverfahren ist mehrstufig gestaltet, zieht sich über etwa ein Jahr und eröffnet eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Vorhabens. Üblicherweise beinhaltet es mindestens drei Behandlungen im Stadtrat. Unser Anliegen war es, diese Prüfung für Wolfsbach zu eröffnen.
Der zustimmende Stadtratsbeschluss erging mit drei Stimmen Mehrheit und ist damit unabhängig von der Frage, ob wir zwei abstimmen durften oder nicht, wirksam. Dr. Hohl hat unser Stimmrecht vorher rechtlich geprüft und ist aufgrund der einschlägigen Kommentarstellen zu der Erkenntnis gekommen, dass wir stimmberechtigt sind, denn es gab und gibt für uns keinen unmittelbaren Vorteil aus dem Aufstellungsbeschluss.
Rechtlicher Hintergrund
Ein Vorteil ist nur „unmittelbar“, wenn er aus dem Beschluss selbst adäquat-kausal folgt. Der Aufstellungsbeschluss schafft noch kein Baurecht, sondern leitet nur das Verfahren ein. Der geltende Flächennutzungsplan weist die Fläche ohnehin schon als Wohnbaufläche aus. Hier ist kein unmittelbarer Sondervorteil ersichtlich, der für einen Stimmrechtsausschluss anzunehmen wäre (BayVGH, Beschl. v. 14.05.2019 – 4 ZB 18.1065; Meder/Breier, BayGO Art. 49 Rn. 7). Das Rechtsamt der Stadt ist zu einer anderen juristischen Bewertung gekommen. Tatsache ist, dass wir durch den Einleitungsbeschluss keinen wie auch immer gearteten Vermögensvorteil erlangt haben.
Unser Engagement
Die Kritik an unserem Verhalten macht sich hauptsächlich daran fest, dass wir unser Engagement für den Eigentümer nicht im Stadtrat offengelegt haben. Dazu können wir sagen, dass wir als engagierte Stadträte in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern beraten und Ihnen bei persönlichen Sorgen und Nöten weitergeholfen haben. Eine solche Tätigkeit wird üblicherweise im Gremium nicht offengelegt und muss auch nicht offengelegt werden. Die Grenze ist immer die einer persönlichen Vorteilsnahme, die es in diesem Fall nicht gab. Rückblickend wissen wir, dass es trotzdem besser und richtig gewesen wäre, frühzeitig offen und klar zu informieren und zu kommunizieren. Für dieses Versäumnis bitten wir aufrichtig um Entschuldigung.
Die Besonderheit in unserem Fall ist die sog. Grundzustimmungserklärung, ein Standardformular der Stadt Bayreuth, das ich, Michael Hohl, am 23.04.2025 für die HOWE GmbH ausgefüllt und unterzeichnet habe. Dabei ist mir leider ein bedauerlicher Fehler unterlaufen. Zum Hintergrund: Die HOWE GmbH ist eine Projektentwicklungsgesellschaft, die ich gemeinsam mit Christian Wedlich habe. Sie befasst sich mit mehreren Flächenentwicklungen außerhalb der Stadt Bayreuth. Die HOWE wurde im Dezember 2023 errichtet, zur Realisierung eines Projekts im Landkreis Kulmbach. Die Vorbereitungen zur Gründung des Unternehmens gehen rund vier Jahre zurück.
Die Grundzustimmungserklärung für Wolfsbach beinhaltet die Absichtserklärung, ein Wohnbauvorhaben umzusetzen, Planungskosten zu übernehmen, usw. Für einen unbefangenen Dritten erweckt die Erklärung den Anschein, unsere Gesellschaft würde die Grundstücksentwicklung selbst betreiben. Korrekt ist: Wir hatten und haben dazu weder einen Vertrag noch eine Vollmacht. Richtigerweise hätte diese Erklärung auf den Eigentümer ausgestellt werden müssen, nicht auf unsere Gesellschaft.
Die Erklärung ist von den Vollmachten des Eigentümers nicht gedeckt und damit rechtlich nichtig. Vorsorglich habe ich sie nun ausdrücklich für die HOWE widerrufen. Der Eigentümer kann, wenn er möchte, eine auf sich lautende neue Grundzustimmungserklärung vorlegen.
Persönliche Anmerkung
Uns sei noch eine persönliche Anmerkung erlaubt. Man kann unser Vorgehen durchaus kritisieren – und das können und werden wir auch akzeptieren. Auch dass in der Politik Fehler aufgezeigt und genutzt werden ist bekannt und gehört zur Demokratie. Zur Demokratie gehört auch, dass man Konsequenzen zieht und Verantwortung übernimmt. Schwierig finden wir jedoch, wenn maßlose und undifferenzierte Hetze und Häme betrieben wird – zum Teil anonym in den sozialen Medien. Schwierig finden wir auch, wenn es Stadträte gibt, die sinngemäß sagen, sie hätten anders abgestimmt, wenn sie gewusst hätten, dass Wedlich und Hohl involviert gewesen seien. Hier stellt sich die Frage, geht es um politische Befindlichkeiten oder um Entscheidungen für unser Bayreuth?
Anmerkung Michael Hohl:
Ich bin seit 2003 in verschiedenen Funktionen in der Bayreuther Kommunalpolitik für die CSU gerne und leidenschaftlich engagiert. In diesem Fall habe ich nun den hohen Anforderungen, die an mich gestellt werden, nicht genügt. Dafür möchte ich mich bei allen davon Betroffenen in aller Form entschuldigen. Ich kann es verstehen, wenn Vertrauen verloren gegangen ist und werde mich bemühen, das zu reparieren
In einer eher offenen, freundlichen und deutlichen Abstimmung mit der Fraktion habe ich bereits den Stellvertretenden Fraktionsvorsitz zur Verfügung gestellt. Zudem werde ich den Vorsitz im Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrats niederlegen.
Interview mit Oberbürgermeister Thomas Ebersberger:
Hintergründe zu der Fraktionssitzung am Sonntag und der gesamten Amigo-Affäre: https://www.mainwelle.de/amigo-affaere-klare-worte-distanzierung-und-konsequenzen-der-csu-stadtratsfraktion-1788559/
bea-hö